Fußball-Bundestrainer Joachim Löw versammelt in Berlin seine Kandidaten für die Europameisterschaft – zur Vorbereitung auf die ersten Länderspiele 2016. Stürmer Max Kruse hat den Coach verärgert und muss vorerst zu Hause bleiben.
Berlin (dpa) – Bundestrainer Joachim Löw hat den Wolfsburger Stürmer Max Kruse aus dem Nationalmanschafts-Kader gestrichen. Das teilte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Montag mit. Der 28 Jahre alte Kruse sei seiner Vorbildrolle als Nationalspieler nicht nachgekommen. «Max hat sich zum wiederholten Male unprofessionell verhalten. Das akzeptiere ich nicht», erklärte der Bundestrainer.
Die Suspendierung betreffe zunächst die beiden jetzt anstehenden Länderspiele gegen England und Italien. «Ich möchte Spieler, die sich auf den Fußball und die EM konzentrieren, auch zwischen den Spielen.
Der Vorfall am zurückliegenden Wochenende widerspricht meinen Erwartungen», betonte Löw.
Kruse hatte seinen 28. Geburtstag am Samstagabend in einem Berliner Club gefeiert. Wie Kruse in der «Bild»-Zeitung (Montag) erklärte, sei er auf der Feier mehrfach ungefragt fotografiert worden. «Natürlich war ich irgendwann genervt und habe dann vielleicht unpassend reagiert», wurde Kruse zitiert. Der Profi soll einer Frau das Handy weggenommen und Fotos gelöscht haben. Schon ein Vorfall zuvor, als Kruse laut «Bild» an einem frühen Morgen angeblich in einem Berliner Taxi eine hohe Bargeldsumme verloren hatte, war bei Löw schlecht angekommen.
«Die Europameisterschaft im Sommer wirft ihre Schatten voraus, dort haben wir mit der Nationalmannschaft große Ziele. Wir brauchen Spieler, die fokussiert und konzentriert und sich auch ihrer Vorbildrolle bewusst sind», erklärte Löw. Der DFB-Chefcoach versammelt sein nun noch 26-köpfiges Aufgebot am Dienstag in Berlin.
Er will seine EM-Kandidaten zu intensiven Gruppen- und Einzelgesprächen bitten. Für Löw ist das ein wichtiger Termin, «um ihnen zu erläutern, was wir erwarten in den letzten zwei Monaten vor der Nominierung», betonte der 56-Jährige. Auch deshalb hat sich Löw für einen ungewöhnlichen Mammutkader entschieden, mit dem er die Test-Länderspiele am Ostersamstag in Berlin und drei Tage später in München angeht.
Löw betonte: «Ganz gezielt» werde er nochmals vermitteln, was er im Training, im Spiel und natürlich auch außerhalb des Platzes von seinem Personal sehen will. Fehltritte wie die von Kruse wird er in den verbleibenden Wochen bis zur EM-Endrunde vom 10. Juni bis 10.
Juli in Frankreich nicht dulden, machte der Freiburger klar.
Löw hat in seiner nun mehr als neunjährigen Zeit als deutscher Chefcoach dem Teamgedanken und dem sozialen Verhalten immer einen hohen Stellenwert eingeräumt. Am deutlichsten hatte das im Oktober
2008 Kevin Kuranyi zu spüren bekommen. Als der beim WM-Qualifikationsspiel in Dortmund gegen Russland nur auf der Tribüne saß und zur Halbzeit ungenehmigt nach Hause fuhr, war Kuranyis DFB-Karriere beendet.
Vor der WM 2014 rüffelte der Bundestrainer Kevin Großkreutz, nachdem sich der Dortmunder auf der DFB-Pokal-Feier des BVB daneben benommen hatte. Auf einen Ausschluss hatte Löw zwar verzichtet, nach dem WM-Titel in Brasilien aber spielte Großkreutz keine Rolle mehr.
Sportlich wird die Vorbereitung auf den Fußball-Klassiker gegen England am Dienstagnachmittag mit dem ersten nichtöffentlichen Training beginnen. Löw wird die Belastung vor dem Anpfiff am Samstag
(20.45 Uhr) im Berliner Olympiastadion dosieren. Denn viele der Spieler haben mit ihren Clubs anstrengende Wochen hinter sich.